München: Staatliche Macht gegen antifaschistische Initiativen - neues Internetportal "Bayern gegen Linksextremismus" (August 2011)
Soeben präsentierte das Bayerische Innenministerium ein neues Internetportal "Bayern gegen Linksextremismus", dessen Inhalte so neu nicht sind. Es handelt sich de facto um die pädagogisch aufbereitete Version der entsprechenden Passagen des Verfassungsschutzberichtes. Diffamiert werden insbesondere aktive AntifaschistInnen. Die Kampagne von Innenministerium / Verfassungsschutz gegen die VVN-BdA (namentlich erwähnt wird erneut VVN-Mitglied und KZ-Überlebender Ernst Grube!) und das a.i.d.a.-Archiv München wird fortgesetzt. Gerichtliche Blamagen in der Auseinandersetzung a.i.d.a. vs. Verfassungsschutz - in Verfassungsschutzberichten mussten bis dato einige Passagen geschwärzt werden - werden nur zart angedeutet und damit de facto verschwiegen: "(...) wurde bislang nicht abschließend über das Vorliegen derartiger Anhaltspunkte entschieden.(...)".
Die implizite und teils explizite Botschaft lautet wie in den Verfassungsschutzberichten: "Links" ist gleich "Rechts" und meistens ist "Links" schlimmer. Die so genannte "Mitte" der Gesellschaft ist keinesfalls das Problem und relevante gesamtgesellschaftliche Verwerfungen scheint es nicht zu geben... Die Extremismustheorie feiert jedenfalls fröhliche Urständ und die gefährliche Verharmlosung faschistischer und neonazistischer Bewegungen setzt sich damit fort. So als ob es die jüngsten faschistischen Anschläge in Norwegen nie gegeben hätte... So, als ob die bundesdeutschen Nazis und ihre Sympathisanten in den letzten 20 Jahren nicht 150 Menschen umgebracht hätten...
Konkrete "Erfolge" im Sinne der konservativen Staatsregierung hatte die Diffamierungskampagne bereits: Das "Coburger Aktionsbündnis gegen rechtsradikale Aktivitäten" (CaRa) darf laut Pressebericht (Neue Presse Coburg, 26.8.11) die Räumlichkeiten des Jugendzentrums "Domino" nicht mehr nutzen. Der zuständige Trägerverein unterwarf sich offenbar in rasendem vorauseilendem Gehorsam der Diktion der bayerischen Staatsregierung, die regionale Presse sekundierte: "Das Coburger Aktionsbündnis gegen rechtsradikale Aktivitäten zählt zum linksextremen Spektrum. Das ist jetzt amtlich". Ein Schelm, wer beim letzten Satz Böses denkt...
Endstation Rechts Bayern ("Bayerisches Innenministerium diffamiert Kampf gegen Rechts", 22.8.11): hier klicken, taz ("Holocaust-Zeitzeuge wird gefährlich", 23.8.11): hier klicken, Neue Presse Coburg ("CArA im Visier der Verfassungsschützer", 25.8.11): hier klicken, Neue Presse Coburg ("CSU will Aufklärung über CArA und Domino", 25.8.11): hier klicken, Neue Presse Coburg ("CArA darf Domino nicht mehr nutzen", 26.8.11): hier klicken, Freitag ("'Propaganda-Instrument der CSU'", 27.8.11): hier klicken
Roden/Ansbach (Unterfranken): Endlich wieder breitere Proteste gegen neonazistischen Frankentag am 13. August (August 2011)
Nach zwei Jahren schändlichen behördlichen Ignorierens und Mauerns im oberfränkischen Geschwand/Obertrubach wehte im unterfränkischen Roden/Ansbach dieses Jahr ein zumindest teilweise anderer Wind: Die zuständigen Verwaltungen lehnten den neonazistischen "Nationalen Frankentag" ab, unter anderem aufgrund zu erwartender Volksverhetzung, und vor Ort gründete sich ein regionales Bündnis "Main-Spessart ist bunt!". Dies führte am 13. August zu einer nachmittäglichen Protestaktion von etwa 300 Menschen, etwas abseits vom (Neonazi-) Geschehen. Eine zweite Kundgebung mit etwa 100 TeilnehmerInnen, von Nürnberger AntifaschistInnen des AAB angemeldet, konnte erst mit zwei Stunden Zeitverzögerung beginnen, weil die Polizei den ganzen Bus aus Nürnberg übereifrig und ausdauernd kontrollierte. Eine in Würzburg geplante weitere Kundgebung fiel deshalb ins Wasser. Das Fazit der aus Nürnberg angereisten AntifaschistInnen war dennoch positiv. In einem Bericht heißt es unter anderem: "Die Bevölkerung freute sich über die Unterstützung der weit Gereisten und wir konnten einige Informationen über die Struktur und die Unbeliebtheit des Nazis im Ort, der die braunen Horden herbeirief, erfahren. (...) Die Strategie der Polizei, die AntifaschistInnen vom Bürgerfest zu trennen, ging glücklicherweise ebenfalls nicht auf."
Das "attraktive Programm für Neonazis" (aida-Archiv München) auf dem "Nationalen Frankentag" zog insgesamt etwa 400 Neonazis nach Unterfranken, deren Event wohl erst am Folgetag, dem 14. August, zu Ende ging: Laut infranken.de hätten die Neonazis vor dem Verwaltungsgericht noch die Durchführung einer "Mahnwache zum Gedenken an den Mauerbau" am Sonntag durchgesetzt.
Aufsehen in den Medien erregte die Frankentag-Rede von Martin Wiese, der wegen eines im Jahr 2003 geplanten Sprengstoffanschlags anlässlich der Grundsteinlegung des neuen Jüdischen Kulturzentrums in München zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war und sich mittlerweile wieder auf freiem Fuß befindet. Laut aida-Archiv München habe er von der Bühne herunter gebrüllt: "Allen die sich uns entgegenstellen, allen die uns fotografieren, die uns denunzieren und uns von der Arbeit wegbringen wollen (...) allen, die sich gegen deutsche Werte stellen, sei gesagt: Wir werden eines Tages kommen, Euch aus Euren Löchern holen, Euch vor einen Volksgerichtshof stellen und Euch wegen Deutschlands Hochverrats verurteilen zum Tode." Mittlerweile ermittle die Staatsanwaltschaft Würzburg u.a. wegen dieser Äußerungen.
infranken.de ("Hunderte Polizisten trennen Neonazis und Gegner", 13.8.11): hier klicken,
Main-Post ("MSP ist bunt und friedlich", 14.8.11): hier klicken, Main-Netz ("'Standrechtlich erschossen' - Von verbalgewaltigen Nazis und bunten Protestlern", 14.8.11): hier klicken, aida-Archiv München ("Hitlerfans am Waldrand", 18.8.11): hier klicken
Wunsiedel, 13. August 2011: Neonazistischer "Gedenkgottesdienst" für Hitlers Stellvertreter seitens der Stadt verboten und polizeilich verhindert (August 2011)
Nach dem behördlichen Verbot des durch Christian Bärthel angemeldeten "Rudolf-Heß-Gedenkgottesdienstes" wurden auch zwei kleinere Veranstaltungsversuche der wenigen an diesem Tag in Wunsiedel aktiven Neonazis seitens der Polizei verhindert. Nach Endstation Rechts Bayern war auch die bekannte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in Wunsiedel. Einen Versuch einer Gruppe Neonazis, den Wunsiedler Friedhof zu besuchen, vereitelte die Kirche, indem sie ihr Hausrecht geltend machte.
Die Nürnberger Zeitung berichtet von mutmaßlichen Versuchen seitens neonazistischer Kreise, auch nach der Auflassung des Heß-Grabes weiter in Wunsiedel Präzenz zu zeigen. Hier gilt es, wachsam zu sein.
EPV ("Stadt Wunsiedel verbietet "Gedenkgottesdienst" für Rudolf Heß", 11.8.11): hier klicken, Nürnberger Zeitung ("Neonazis planen in Wunsiedel Gedenkstätte", 11.8.11): hier klicken, Frankenpost ("Rechtsextremer blitzt bei der Stadt ab", 12.8.11): hier klicken, Endstation Rechts Bayern ("Gedenkfeier in Wunsiedel", 14.8.11): hier klicken
Weißenburg: Neue Neonazi-Propagandaaktionen (August 2011)
Die neonazistische Propagandawelle in Weißenburg geht weiter. Nach den Heß-Schnipseln und der offenen Befürwortung der jüngsten blutigen faschistischen Attentate in Norwegen (wir berichteten) brachten Neonazis zwei Transparente mit der Aufschrift "Die Demokratie bringt uns den Volkstod!" in der Öffentlichkeit an. (10.8.11)
Am 12. August wurden weitere ekelhafte Nazi-Aufkleber, platziert u.a. im Eingangsbereich des Weißenburger Jugendzentrums "JuZ", entdeckt. Auf einem sind Mitglieder der antifaschistischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose", u.a. die von den Nazis ermordete Sophie Scholl, abgebildet, versehen u.a. mit dem Text: "Volksverräter sind keine Helden!"
Im Folgenden ein Auszug aus einer Stellungnahme des "Landkreisbündnis gegen Rechtsextremismus" vom 24. August 2011:
"(...) In den vergangenen Wochen war Weißenburg von einer Serie neonazistischer Propaganda-Aktionen betroffen. Eine Gruppierung von Rechtsextremisten, die in der Region offenbar eine feste Struktur gebildet haben, versucht im Rahmen einer „Jugendoffensive“ mit neonazistischen Parolen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für sich zu gewinnen. Die Verteilung von Flugzetteln, auf denen der ehemalige Stellvertreter Adolf Hitlers, Rudolf Heß, in unsäglicher Weise verherrlicht wurde, die beängstigenden „Oslo-Propagandazettel“ am Schulzentrum sowie zuletzt das Anbringen zweier großer Transparente an der Hörnlein-Kreuzung und am Weißenburger Jugendzentrum mit der Aufschrift „Die Demokraten bringen uns den Volkstod!“ zeigen den widerlichen weltanschaulichen Hintergrund der rechten Aktivisten. Ihnen geht es offenbar nicht nur um den Kampf gegen alles „Linke“ oder eine liberale Einwanderungspolitik, sondern hier wird ganz klar die Demokratie an sich in ihren Grundfesten aggressiv angegriffen, und zwar mittels deutlicher Bezüge auf den historischen Nationalsozialismus.
Das Landkreisbündnis gegen Rechtsextremismus hat angesichts dieser gefährlichen Entwicklung die Initiative ergriffen und seinerseits eine Plakat-Aktion gestartet. Ab Mittwoch, 24.08.2011, ist am Balkon des Casablanca-Gebäudes, in dem auch das JUZ untergebracht ist, demonstrativ ein großes Transparent mit der Aufschrift „Wir sind bunt“ zu sehen. Damit wollen wir die Weißenburger Bürger zur Wachsamkeit gegen die menschenverachtende Ideologie des Rechtsextremismus aufrufen. (...)"
Roden/Ansbach (Unterfranken): Proteste gegen 4. neonazistischen "Nationalen Frankentag" am 13. August (August 2011)
Das Bündnis "Main-Spessart ist bunt!" (hier klicken) mobilisiert zu Protesten gegen den vierten neonazistischen "Nationalen Frankentag", der diesmal in Unterfranken stattfindet. Der Rodener Gemeinderat lehnte die Neonazi-Veranstaltung, die ursprünglich als Kulturveranstaltung angemeldet worden ist, ab. Das Verwaltungsgericht Würzburg erlaubte jedoch die Neonazi-Veranstaltung (Stand 9. August).
Eine auch durch lokale PolitikerInnen unterstützte Kundgebung des Bündnisses "Main-Spessart ist bunt!" mit dem Motto "gegen Rechtsextremismus für Toleranz und Vielfalt in MSP" soll am 13. August in Roden/Ansbach von 14 bis 16 Uhr im Bereich Dorfstraße / Urspringer Weg stattfinden.
Das Antifaschistische Aktionsbündnis Nürnberg (AAB) ruft an diesem Samstag ebenfalls zu Kundgebungen in Ansbach-Roden (in der Nähe der Nazi-Wiese) sowie in Würzburg auf. Weitere Infos auf der Kampagnenhomepage: hier klicken!
Mainpost ("Gemeinderat lehnt Neonazi-Feier ab", 1.8.11): hier klicken, Mainpost ("Gemeinde lehnt Neonazi-Feier auf Wiese ab", 2.8.11): hier klicken, Main-Netz ("»Da geht schon was ab« - Gemeinde votiert gegen Neonazi-Feier", 2.8.11): hier klicken, Mainpost ("MSP ist bunt ruft Mitglieder nach Ansbach", 3.8.11): hier klicken, Mainpost ("Neonazis wollen ihr Fest vor Gericht erstreiten", 8.8.11): hier klicken, BR online ("Stadt will keine Nazi-Veranstaltung", 8.8.11): hier klicken, Mainpost ("Neonazi-Treffen in Roden-Ansbach darf stattfinden", 9.8.11): hier klicken, Mainpost ("„MSP ist bunt“ ruft Bürger nach Ansbach", 9.8.11): hier klicken, Mainpost ("Neonazis und Linke treffen aufeinander ", 11.8.11): hier klicken
Wunsiedel: Erneutes Neonazi-Event am 13. August? (August 2011)
Wie verschiedene Medien meldeten, wurde für den 13. August auf dem Wunsiedler Marktplatz ein "Rudolf-Heß-Gedenkgottesdienst" angemeldet. Anmelder sei ein Christian Bärthel. Bärthel war in den letzten Jahren in verschiedenen extrem rechten Zusammenhängen aktiv, u.a. in der Szene der "Kommissarischen Reichsregierungen" (KRR). Mehrere - miteinander konkurrierende - KRR erkennen die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland nicht an und behaupten die Weiterexistenz des Deutschen Reichs.
Welt ("Neonazi plant Rudolf-Heß-Gottesdienst in Wunsiedel", 5.8.11): hier klicken, Süddeutsche Zeitung ("Wunsiedel kommt nicht zur Ruhe", 7.8.11): hier klicken, tvo.de Filmbericht ("Gedenkgottesdienst in Wunsiedel geplant", ohne Datum): hier klicken
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