Obertrubach, 31.7.10: Kontroverses öffentliches Podiumsgespräch fand beachtliche Resonanz. "Wer schweigt, von dem wird angenommen, dass er zustimmt". Neonazistischer Frankentag mit mehreren 100 Neonazis fand in Geschwand (Gemeinde Obertrubach) statt. Journalist von Neonazis massiv bedroht (August 2010)
Etwa 100 ZuhörerInnen lauschten einer ungewöhnlichen Podiumsdiskussion am Kirchplatz in Obertrubach, mitten im Ort und direkt an einer Durchfahrtstraße. "Neonazis in Geschwand - ignorieren oder protestieren?" war das Thema der Veranstaltung. Der im Vorfeld teilweise hart kritisierte Obertrubacher Bürgermeister Müller war mutig genug, zusammen mit drei Aktivisten aus dem Kreis der nordbayerischen Bündnisse gegen Rechts auf dem Podium zu erscheinen.
Nach kurzen Statements zu den historischen nationalsozialistischen "Frankentagen" auf dem Hesselberg sowie zu den heutigen Neonazis in der Region und ihren "Nationalen Frankentagen" seit 2008 wurde kontrovers, aber sachlich diskutiert. Die Bündnisvertreter attackierten im Kern den aus ihrer Sicht vertuschenden Umgang mit Neonazis und "Frankentagen" vor Ort und forderten unter anderem mehr und frühzeitigere Öffentlichkeitsarbeit ein: "Wer schweigt, von dem wird angenommen, dass er zustimmt". Dagegen skizzierte Müller sein Bestreben, seine Gemeinde vor (ökonomischem) Schaden zu bewahren und warnte davor, durch massive Öffentlichkeit eben auch Öffentlichkeit für die Neonazis herzustellen. Müller sprach sich eindeutig gegen die neonazistischen Veranstaltungen aus und betonte erneut, wie ähnlich im letzten Jahr: "Ich tue alles, was menschenmöglich ist, gegen diese braune Soße". Dabei verriet er aber auch diesmal nicht, WAS er denn dagegen zu tun gedenke. Seine diesbezüglichen Ausführungen verloren sich im Nebulösen. Er versprach hingegen: "Ich sage Ihnen heute zu, im nächsten Jahr wird es keinen Frankentag geben." Sehr naiv im Übrigen Müllers Ausführung, er könne sich nicht vorstellen, dass es in seiner Gemeinde Neonazis gebe bzw. jemand aus dem Ort den neonazistischen Frankentag besuchen werde.
Die Bündnisvertreter betonten, eine zurückhaltende Öffentlichkeitsarbeit und ein Wegducken in der Gemeinde, wie aus ihrer Sicht in Obertrubach der Fall, schade dem Image der Gemeinde letzten Endes wesentlich mehr als ein offensiver und sich öffentlich gegen Neonazis abgrenzender Kurs. Einen interessanten Schlußpunkt setzte eine Obertrubacherin kurz vor Ende der Podiumsdiskussion. Sie ergriff das Mikrophon und beschwerte sich über den Kurs des Bürgermeisters: "Es ist ein Armutszeugnis, wenn Sie das nicht in die Öffentlichkeit bringen". Erst an diesem Morgen sei ein entsprechender Rundbrief der Gemeinde im Briefkasten gelegen. Sie meinte zudem, bei entsprechend aktiver Informationspolitik hätten an diesem Tag mehr Jugendliche und BürgerInnen öffentlich gegen die Neonazi-Umtriebe protestiert.
Fränkischer Tag ("Das sind typische Merkmale aus der Nazizeit", 31.7.10): hier klicken, BR Online ("Franken gegen Rechts", 31.7.10): hier klicken, Nordbayerischer Kurier ("Obertrubach startet Offensive gegen Neonazis", 1.8.10): hier klicken, Nürnberger Zeitung ("Obertrubach soll kein zweites Gräfenberg werden", 2.8.10): hier klicken, Nürnberger Nachrichten ("Debatte über Strategien gegen Neonazis", 2.8.10): hier klicken
Beobachtungen deuten darauf hin, dass kaum weniger Neonazis als im letzten Jahr anwesend waren, also um die 300. Eine erschreckende Nachricht: Ein Journalist wurde in der Nähe des neonazistischen Festivalgeländes massiv bedroht und wäre fast von einem Auto angefahren worden. Man sieht: Die Gewalttat vom Nürnberger Plärrer war kein Einzelfall. Die Neonazi-Subkultur ist als äußerst gewalttätig einzuschätzen.
Umso erschreckender ist die allerorten anzutreffende Toleranz aktiven Neonazis gegenüber. Interessant und aufklärend ein Radiobericht des Bayerischen Rundfunks vom 30.7.10 über den Ort Niedermirsberg, Landkreis Forchheim: "Tür an Tür mit den Neonazis" (hier klicken). Bei der im Beitrag erwähnten Wiese handelt es sich um die Wiese bei Geschwand / Obertrubach, auf der 2009 und - soeben - 2010 der neonazistische "Nationale Frankentag" stattfand.
Update: Mittlerweile liegt eine Reportage des a.i.d.a.-Archivs München über den Ablauf des 3. "Nationalen Frankentags" vor ("Obertrubach: Ein Platz für Neonazis": hier klicken). Darin wird u.a. detailliert eine Polizeistrategie beschrieben, die offensichtlich nach dem Motto "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" funktionieren und die Neonaziveranstaltung vor spontanen Protesten bewahren sollte. Auch für - möglicherweise strafbare - NS-Symbole oder antisemitische Passagen in einigen Reden oder Liedtexten hätten sich die Ordnungshüter nicht sonderlich interessiert. Der "Nationale Frankentag" 2010 in Obertrubach war laut a.i.d.a. mit "gut 200" Neonazis schwächer als im letzten Jahr besucht. Ausschlaggebend dafür sei ausschließlich die in diesem Jahr "unzureichende Mobilisierungsfähigkeit" der einschlägigen Neonazi-Szene gewesen.
Obertrubach: Öffentliches Podiumsgespräch und Protestkundgebung am Samstag, 31.7.10, 11 bis 13 Uhr: "Neonazis in Geschwand - ignorieren oder protestieren?" - aktualisiert (Juli 2010)
Mittlerweile ist sicher, dass der von Neonazis angekündigte "3. Nationale Frankentag" tatsächlich am 31.7.10 ab etwa 14 Uhr auf der berüchtigten Wiese bei Geschwand / Obertrubach stattfinden wird. Als Redner sind bislang neben Uwe Meenen (Bund Frankenland, NPD) der Nürnberger Stadtrat der rassistischen "Bürgerinitiative Ausländerstopp", Sebastian Schmaus, Jürgen Schwab, "Sache des Volkes", sowie Tony Gentsch, Freies Netz Süd, angekündigt. Musikalische Beiträge soll es u.a. von den "Feldherren" (München) sowie einer Thüringer Band mit dem bezeichnenden Namen "12 Golden Years" geben. Diverse Infostände, u.a. der NPD Baden-Württemberg und der "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG) e. V.", sowie Kasperletheater und Dosenwerfen für Kinder runden das neonazistische Programm ab.
In Obertrubach (Kirchplatz) findet am 31.7.10, 11 bis 13 Uhr ein öffentliches Podiumsgespräch statt. Thema: "Neonazis in Geschwand - ignorieren oder protestieren?". Auf dem Podium sitzen BündnisvertreterInnen aus den Reihen der nordbayerischen Bündnisse gegen Rechts. Eingeladen sind auch örtliche GemeindevertreterInnen.
Das mitveranstaltende Bürgerforum Gräfenberg schreibt in seiner jüngsten Pressemitteilung: "Grund für diese besondere Form der Veranstaltung ist das beharrliche
Schweigen politisch Verantwortlicher darüber, dass sich das Geschwander Grundstück zu einem der wichtigsten Treffpunkte der nordbayerischen Neonazi-Szene entwickelt hat. Aus Sicht der Veranstalter muss dieser Umstand gerade auch anlässlich des unsäglichen "Frankentags", zu dem vermutlich wieder einige hundert Neonazis kommen werden, öffentlich thematisiert werden."
Alle interessierten Nazi-GegnerInnen sind eingeladen.
Zur Vorgeschichte: Das letzte größere Neonazitreffen bei Geschwand (Gemeinde Obertrubach, Landkreis Forchheim) fand im Mai diesen Jahres statt (wir berichteten). Seit 2007 haben sich Neonazis, teilweise relativ ungestört, auf dem Privatgelände versammelt, das sich nach Zeitungsberichten seit Anfang 2007 in Besitz von Angehörigen der neonazistischen Szene befindet. Allein zwischen April 2007 und August 2008 haben sich Neonazis nach Zeitungsberichten dort elf Mal getroffen, unter anderem nach den monatlichen Aufmärschen in Gräfenberg.
Willy Müller, CSU-Bürgermeister Obertrubachs, war "stets bemüht, die Anwesenheit der Rechten im Ort herunterzuspielen", so die Nürnberger Nachrichten im Jahr 2008. Die Polizei habe das Geschehen auf dem Grundstück regelmäßig beobachtet und Ende Juli 2008 ein Skinhead-Konzert verhindert. Im August 2008 sei eine Heß-Gedenkveranstaltung mit insgesamt 55 Personen, darunter Jürgen Rieger, von der Polizei aufgelöst worden. Dagegen wurden im Zeitraum von Mai bis Juli 2009 drei größere Neonazi-Konzerte mit jeweils um die 300 BesucherInnen – im Juli 2009 im Rahmen des "2. Nationalen Frankentags" - zunächst komplett verschwiegen: Weder die Polizei noch der Obertrubacher Bürgermeister informierten die Öffentlichkeit. Erst die Recherchen des Münchner a.i.d.a.-Archivs beendeten die Geheimhaltung und ermöglichten im Juli 2009 öffentliche Gegenproteste.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Gegenveranstaltung nach Obertrubach:
9.30 Uhr Nürnberg Nordostbahnhof R21 nach Gräfenberg, von dort 10.20 Uhr Regionalbus 229 Richtung Gößweinstein
Presseberichterstattung: Nordbayerische Nachrichten ("Protestaktion gegen Nazi-Treff", 21.7.10): hier klicken, a.i.d.a.-Archiv München ("Obertrubach-Geschwand: "Nationaler Frankentag" am üblichen Ort", 27.7.10): hier klicken, Nürnberger Zeitung ("«Frankentag» in Obertrubach: Aktion gegen Neonazis", 28.7.10): hier klicken, Nürnberger Nachrichten ("Neonazis in Franken ignorieren?", 31.7.10): hier klicken
Forchheim: "Wir bräuchten jemanden wie den Jörg Haider" (oder Franz-Josef Strauß?) (Juni/Juli 2010)
Der CSU-Fraktionschef im Forchheimer Kreistag, Peter Eismann, sehnt sich offensichtlich nach extrem rechter Politprominenz in Deutschland: "Wir bräuchten jemanden wie den Jörg Haider", habe er beim politischen Frühschoppen anlässlich der 50-Jahr-Feier der CSU in Buckenhofen geäußert. Die Nürnberger Nachrichten (30.6.10) berichten, Eismann "habe sagen wollen, dass die CSU auch Menschen einbinden müsse, die eigentlich rechts von der CSU stehen und bezog sich dabei auf Franz Josef Strauß". Immerhin distanzierten sich weitere CSU-Funktionäre wie beispielsweise der Ortsvorsitzende der CSU Forchheim umgehend. Letzterer betonte, es handele sich um eine "Einzelmeinung".
Artikel aus dem Fränkischen Tag (30.6.10, "Eismann soll zurücktreten"): hier klicken. Scharfe Kritik wurde seitens der Grünen geäußert ("Forchheimer CSU am rechten Rand"), nachzulesen im Neuen Wiesentboten (30.6.10): hier klicken
Mittlerweile wird die öffentlich geäußerte Kritik an Eismann deutlich massiver: Nürnberger Nachrichten (2.7.10, "Muss Eismann seinen Stuhl als Fraktionschef räumen?"): hier klicken. Seit kurzem gibt es eine Distanzierungserklärung der CSU-Kreistagsfraktion (Nordbayerische Nachrichten, 7.7.10, "CSU-Kreistagsfraktion distanziert sich vom Chef", hier klicken). Auch in Eggolsheim scheint es deutliche Kritik zu geben (Nordbayerische Nachrichten, 10.7.10, "Ruf des Ortes beschädigt", hier klicken).
Im Folgenden eine Pressemitteilung des Bürgerforums Gräfenberg (5.7.10):
"Haidermann" – eine Gefahr für die"Orte der Vielfalt"
Man sollte eigentlich dankbar sein dafür, dass der CSU-Fraktionschef im Kreistag, Peter Eismann, sein Herz auf der Zunge trägt und ausplaudert, was in seiner Partei und in seinem Kopf herum geistert: Ein Jörg Haider als
Zugpferd für die CSU! So einen smarten Parteifreund, der auch rassistische Attacken gegen Juden und Ausländer reitet, die verbrecherische Waffen-SS ehrt und also die CSU im braunen Milieu verankert?
Die Gedankenspiele Eismanns sollte man nicht als "verbale Entgleisung" verharmlosen - so denkt der Mann anscheinend wirklich. Und er steht damit beileibe nicht allein: Denn es ist erst ein paar Wochen her, da die Weilersbacher CSU um Ex-MdB Gerhard Scheu und CSU-Ortschef Marco Friepes
wie eine Unterabteilung der FPÖ (oder der NPD oder der DVU) in übelster Weise gegen "kriminelle Asylanten" und "bildungsunwillige Ausländer" hetzte.
Bürger, die für die Geltung der Menschenrechte in einem vielfältigen, offenen Land eintreten, müssen diese zunehmende geistige Kumpanei mit Rechtsextremisten sehr ernst nehmen, denn sie ist eine weitaus größere
Gefahr für die Demokratie als etwa aufmarschierende "Glatzen". Eismann macht deutlich, dass sich Teile der Forchheimer CSU auf einem für "Orte der Vielfalt" – als solcher wurde der Landkreis Forchheim ausgezeichnet –
gefährlichen Pfad bewegen. Wenn sie Leute in ihren Reihen hat, wie Eismann, Scheu und Friepes, dann muss die CSU am rechten Rand nicht fischen - das entsprechende Denken hat sich in ihrer Mitte schon niedergelassen. Sie sollen nur sagen, die Haider-Fans, was sie denken, damit wir ihnen spätestens bei der nächsten Wahl die Zustimmung entziehen
können.
Eismann ist auch Mitglied im Eggolsheimer Gemeinderat. Der Gemeinderat unterband auf Bestreben der CSU eine distanzierende Stellungnahme zu den Eismann-Äußerungen. Vgl. Nordbayerische Nachrichten ("Keine Stellungnahme zu Eismann-Äußerungen", 29.7.10): hier klicken,
BR Online ("Zoff nach Haider-Äußerung", 28.7.10): hier klicken
Forchheim, 24.7.10: Neonazistische Kundgebung für einen "völkischen Sozialismus" verlief nicht ohne Gegenproteste (Juli 2010)
Die neonazistische Kameradschaft "NS Regnitz" (Nationaler Stammtisch an der Regnitz) kündigte kurzfristig eine Kundgebung mit Treffpunkt um 11.00 Uhr am Bahnhof Forchheim an. Die Neonazis marschierten von dort aus zum Forchheimer Paradeplatz und hielten an diesem Ort ihre Kundgebung ab. Die zuständigen Behörden hatten bis dato alle Informationen für sich behalten; einzig das a.i.d.a.-Archiv aus München wies zunächst auf den Neonazi-Auftritt hin.
Unter dem Motto "Aufruhr im Paradies – Gegen fehlgeleitete und fremdbestimmte Politik" hatten die Neonazis nach Forchheim mobilisiert und in ihrem Aufruf u.a. einen "völkischen Sozialismus" gefordert. Gekommen waren dann etwa 25 Neonazis, darunter nach Augenzeugenberichten auch der Nürnberger BIA-Stadtrat und NPD-Landesvorsitzende Ralph Ollert. Ein Transparent der "Freien Nationalisten Nürnberg" verdeutlichte zusätzlich, dass sich in Forchheim das eher NPD-nahe Kameradschaftsspektrum versammelt hatte.
Aufgrund der kurzen Vorlaufzeit waren nur relativ wenige antifaschistische GegendemonstrantInnen vor Ort. Erfreulich: Der Inhaber einer nahe gelegenen Metzgerei versorgte die Nazi-GegnerInnen am Nachmittag mit gekühlten Getränken!
Nordbayerische Nachrichten ("Rechte in der Altstadt", 26.7.10): hier klicken, Nordbayerische Nachrichten ("Rechtlich nicht zu verhindern", 27.7.10): hier klicken
Nürnberg: Verteidigungsstrategie à la Brunner-Prozess im Fall der neonazistischen Gewalttat vom 28.4.10 am Nürnberger Plärrer? (Juli 2010)
Wie die Abendzeitung berichtete, habe Axel Graemer, der Verteidiger des nach wie vor in U-Haft sitzenden Fürther Neonazis, geäußert, der Herzstillstand des Opfers nach dem Tritten gegen Kopf und Körper sei "nur mittelbar in Zusammenhang" mit der Attacke zu bringen. Wie im Fall der Münchner S-Bahn-Täter vermute die Verteidigung eine Vorerkrankung des Opfers.
Wie aus dem AZ-Artikel ferner hervorgeht, ist Szeneanwalt Stefan Böhmer offensichtlich nach wie vor - weiterer - Verteidiger des mutmaßlichen Täters. Die AZ schreibt: "Ihm vertrauten bereits einige Neonazis. So vertrat Böhmer auch den Fürther Rechtsradikalen Gerd Ittner. Und fing sich in dessen Prozess selbst ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung ein."
Abendzeitung ("Das Opfer des U-Bahn-Schlägers kann sich an nichts erinnern", 23.7.10): hier klicken
Fürth: Aufklärungsaktion vor der Fürther Kneipe "Treffpunkt" (Juli 2010)
Das Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus führte am Freitag, den 16.7.10, von 18 bis 19.30 Uhr erneut eine Aufklärungsaktion vor der Kneipe "Treffpunkt" durch. Dort treffen sich regelmäßig Neonazis.
Ort der Aktion: Ecke Wasserstraße und Ludwig-Erhard-Straße, auf der Seite des Rathaus - Innenhofes.
München: Verwaltungsgericht München urteilt gegen a.i.d.a.-Archiv München. a.i.d.a. wehrt sich weiter gegen Diffamierung als verfassungsfeindlich (Juli 2010)
"Das Verwaltungsgericht München hat in seiner Entscheidung vom 28.6.2010 festgestellt, dass a.i.d.a. zu Recht im Verfassungsschutzbericht 2008 unter der Rubrik „Sonstige Linksextremisten“ enthalten ist. Für diese Entscheidung wurde seitens des Gerichts jedoch eine nur äußerst oberflächliche Überprüfung vorgenommen und ganz wesentliche Aspekte außer Acht gelassen", meinen die Leute vom a.i.d.a.-Archiv München und stellen in der Überschrift ihrer aktuellen Pressemitteilung fest: "Ein rabenschwarzer Tag für die Demokratie und den Kampf gegen Rechts".
Die a.i.d.a.-Anwältin kündigte an, Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichthof gegen diesen Beschluss einzulegen.
Zur gesamten Pressemitteilung vom 7.7.10: hier klicken
Nürnberg: BIA-Stadtrat Schmaus hatte Berufung zurückgezogen: Prozess fiel aus, Amtsgerichtsurteil vom Februar 2010 weiter gültig (Juli 2010)
Nachdem Sebastian Schmaus das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom Februar 2010 wegen Sachbeschädigung zunächst nicht akzeptiert hatte, sollte es am 6.7.10 in die zweite Instanz gehen. Doch Schmaus erschien nicht. Laut Nürnberger Zeitung habe er bereits Ende Juni seine Berufung zurückgezogen.
Im Februar war es vor dem Amtsgericht um eine Auseinandersetzung vor einer Kneipe im Stadtteil Wöhrd gegangen. Eine Gruppe von Neonazis soll im April 2009 einen vorbeifahrenden Fahrradfahrer angegriffen und verletzt haben. Schmaus wurde damals wegen Sachbeschädigung verurteilt. Er soll den Fotoapparat des Fahrradfahrers beschädigt haben. Schmaus wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 40 Euro, also 2400 Euro, verdonnert.
Nürnberger Nachrichten vom 6.7.10 ("Rechter Stadtrat vor Gericht"): hier klicken
Nürnberger Zeitung vom 7.7.10 ("Schmaus-Prozess fiel aus"): hier klicken
Nürnberg: Antifa-Kaffeefahrt: Der Angeklagte legt Verfassungsbeschwerde ein (Juli 2010)
Der Anmelder einer antifaschistischen "Kaffeefahrt" wurde Anfang des Jahres zu einer Geldstrafe verurteilt (wir berichteten). Er habe die Auflage, die Namen bekannter Neonazis nicht öffentlich zu nennen, nicht gegenüber den VersammlungsteilnehmerInnen durchgesetzt. Die Initiative "Stoppt die Anti-Antifa" in ihrer aktuellen Pressemiteilung (2.7.10): "Nun geht das Verfahren vor das Bundesverfassungsgericht."
Die Initiative berichtet weiter: "Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legte der Angeklagte Rechtsmittel ein. Die Revision wurde jedoch durch das Oberlandesgericht begründungslos abgelehnt. Jetzt haben der Antifaschist und seine Verteidigerin Angelika Lex Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erhoben. Kritisiert wird die "Verschärfung des Versammlungsrechts durch die Hintertür" sowie die Art der Versammlungsauflagen an sich.
Oberfränkische Hoteliers: Kundenorientierter Umgang mit NPD-Gästen (Juli 2010)
Im Vorfeld des Bamberger NPD-Parteitags Anfang Juni 2010 schrieb ein "Siegfried S. Thiele", "Stadtverbandsvorsitzender NPD Lünen", diverse Hotels in Bamberg mit der Bitte an, Unterkünfte für eine "achtköpfige nationale Delegation" bereit zu stellen. "Deutsche Küche setze ich jetzt mal einfach voraus", so das Anschreiben. Gefragt wurde zudem nach einem "Fahrservice" zur Kongresshalle, gebeten wurde um "Verschwiegenheit".
Herr "Thiele", erfunden von der Bamberger Zeitschrift ZOB (hier klicken), erhielt zahlreiche positive Zuschriften. Bei Vollbelegung wurde höflichst auf Partnerhotels verwiesen oder es wurde gar wohlwollend geantwortet, zum Beispiel mit dem Satz: "Gerne zu einem anderen Zeitpunkt". Steigerungsformen waren Wünsche nach einem "erfolgreichen Parteitag" oder der Hinweis einer Pensionswirtin an die Zeitschrift ZOB, dass sie in Bayern kein Problem zu haben brauche, wenn sie NPDler übernachten ließe. Erschreckend: Von 50 angeschriebenen Beherbergungsbetrieben versendete nur einer eine klare Absage an den Fake-NPDler: Ein Satz per Email, ohne Grußformeln und persönliche Anrede.
Der Artikel "Wer lässt Nazis eigentlich ruhig schlafen?" ist zu finden in "ZOB - das Zentralorgan für Bamberg Stadt und Land", Ausgabe 2/10. Lobenswerterweise wies ZOB im Zusammenhang mit dieser Recherche einen Anzeigenauftrag zurück, da man auf Anzeigenkunden verzichte, die "offenkundig gerne mit Neonazis Geschäfte
machen respektive machen würden".
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