Sulzbach-Rosenberg: Neonazi-Aufzug gestoppt. Breit unterstützter Widerstand ermöglicht ein Zeichen gegen Neonazis (November 2010)
Der provozierende Neonaziaufmarsch unter dem Motto "Die deutsche Linke ist volksfeindlich" war erst am Donnerstag bekannt geworden. Dennoch erschienen etwa 350 NazigegnerInnen am Samstag, den 27.11.10, am Sulzbach-Rosenberger Bahnhof, um die etwa 50 angereisten Neonazis zu empfangen. Diese kamen auf der vorgesehenen Route nur etwa 100 Meter voran, gehindert durch Blockaden der NazigegnerInnen.
Dieses deutliche Zeichen des Widerstands wurde ermöglicht durch zahlreiche junge Leute, aber auch durch AktivistInnen aus den Reihen der Sulzbach-Rosenberger "Plattform gegen Rassismus und Menschenverachtung" sowie durch anwesende KommunalpolitikerInnen (elf Stadt- und Kreisräte bis hin zum Bürgermeister!) und den evangelische Dekan.
Aus einem Bericht vor Ort: "Der Bürgermeister schritt die 1. Reihe ab und verkündete in Richtung der Gegendemonstranten: 'Wir bleiben da'". Die Blockade sei nicht geräumt worden; Minuten später hätten die Neonazis ihre Demonstration beendet.
Danach habe es noch eine spontane, von der Polizei zunächst ungehinderte Aktion von ca. 30 Neonazis gegen den alternativen Jugendclub "Schänke" gegeben. In Amberg habe später ebenfalls eine Spontandemonstration der Neonazis stattgefunden.
Vgl. auch oberpfalznetz.de ("Erfolgreiche Blockade gegen Nazis", 29.11.10): hier klicken, a.i.d.a.-Archiv München ("Antifaschistischer Erfolg in Sulzbach-Rosenberg ", 7.12.10): hier klicken
Der entsprechende Polizeibericht, von www.wochenblatt.de wortwörtlich abgedruckt (hier klicken), schildert eine völlig andere Dynamik vor Ort und verschweigt die Breite des Bündnisses gegen die Neonazis an diesem Tag. Auch die Nürnberger Nachrichten ("Festnahmen nach Blockade", 29.11.10) waren offensichtlich nicht in Sulzbach-Rosenberg und zitierten ausschließlich Passagen des Polizeiberichts.
Bamberg: NPD will erneut Bundesparteitag in der Kongresshalle abhalten (November 2010)
Die NPD plant offensichtlich erneut, ihren Bundesparteitag in Bamberg stattfinden zu lassen, und zwar im Oktober 2011. Bereits 2008 und 2010 traf sich die bundesweite NPD-Spitze in der oberfränkischen Stadt. Wir berichteten im Juni 2010 über die Proteste gegen den NPD-Parteitag und im Juli 2010 über den "kundenorientierten Umgang" oberfränkischer Hoteliers mit NPD-Gästen. Aktuell wird in Bamberg debattiert, die Neonazis mit Änderungen der Belegungsordnung aus der Kongresshalle fernzuhalten. Welche Blüten diese Debatte treibt, ist im Fränkischen Tag nachzulesen.
Fränkischer Tag ("Stadt will NPD aus der Konzerthalle verbannen", 20.11.10): hier klicken
Fürth: Protest gegen Flyerverteilung von Neonazis (November 2010)
Am Freitagabend, 18.11.10, protestierten ca. 20 meist junge AntifaschistInnen gegen eine Verteilaktion von Neonazis in der Nähe des Fürther Stadttheaters. Die Neonazis verteilten ein rassistisches Pamphlet der "Bürgerinitiative Soziales Fürth".
Neumarkt / Dietfurt: Neonazi-Randale in Kneipe und Anschlag auf Döner-Stand (November 2010)
Am frühen Morgen des 14.11.10 randalierten etwa zehn Neonazis in einer Neumarkter Kneipe derart, dass der Wirt die Polizei rief und daraufhin ein 30-Jähriger Neonazi kurzfristig festgenommen wurde. Eine ganze Gruppe Neonazis, vermutlich aus dem Umfeld der "Kameradschaft Altmühltal", forderte später mit entrolltem Transparent vor dem Polizeirevier die Freilassung ihres Gesinnungsgenossen.
In einigen Presseveröffentlichungen ist von weiteren mutmaßlich neonazistischen Attacken in der Region Neumarkt / Dietfurt die Rede. So sei im selben Zeitraum ein Dönerstand in Dietfurt beschädigt worden. Der Verkaufsstand wurde mit Hakenkreuzen beschmiert; zwei Reifen wurden angestochen und ein Stromkabel durchtrennt. Weitere Hakenkreuzschmierereien werden in den Presseberichten beschrieben.
Neumarkter Nachrichten ("Rechte Randalierer halten Polizeistreifen auf Trab", 16.11.10): hier klicken, neumarktonline.de ("Neonazi-Randale in Neumarkt", 16.11.10):
hier klicken, Mittelbayerische Zeitung ("Rechte Szene beschäftigt die Polizei", 16.11.10):
hier klicken
Fürth: Mutmaßlich neonazistische Gewalttat wegen eines Antifa-Buttons (November 2010)
Am Abend des 1. November wurde ein 18-Jähriger am Fürther Obstmarkt wegen eines Antifa-Buttons von einem Mann angesprochen, der sich in Begleitung dreier weiterer Personen befand, "die offenbar dem rechten Spektrum zuzuordnen sind" (Pressemitteilung der Polizei, 1.11.10). Der weitere Verlauf der Eskalation: "Ein Mann aus dieser Gruppe beleidigte dabei zunächst eine Begleiterin des 19-Jährigen und trat ihm dann ohne Vorwarnung in den Bauch. Anschließend versetzte er ihm noch einen Faustschlag gegen den Kopf, worauf er zu Boden ging" (nordbayern.de, 1.11.10). Ein 41-Jähriger aus Fürth sei bereits als Tatverdächtiger ermittelt worden.
Laut "Antifaschistische Linke Fürth" (de.indymedia.org, 1.11.10) ging der Neonaziangriff von einer Kneipe im Fürther Innenstadtbereich aus, nämlich dem "Kleinen Versteck". Der angegriffene Antifaschist musste nach der Tat im Krankenhaus behandelt werden.
Ein Kommentar an dieser Stelle erübrigt sich beinahe, steht Fürth doch bereits seit dem Vorjahr für eine in der Region beispiellose Gewaltserie aus der neonazistischen Szene heraus (wir berichteten mehrfach).
Nordbayern.de ("Körperverletzung wegen antifaschistischen Buttons", 1.11.10): hier klicken, Fürther Nachrichten ("Neonazi schlug zu", 3.11.10): hier klicken
Am 12.11.10 fand in Fürth eine Kundgebung vor der Kneipe statt, in der sich die mutmaßlichen Täter nach Auskunft Fürther AntifaschistInnen aufhielten (Mosquito, ehem. Kleines Versteck).
Nürnberg: Tønsberg-Laden schließt im Januar (November 2010)
Die bei Neonazis beliebte Modemarke "Thor Steinar" wird nur noch bis Anfang Januar 2011 im Tønsberg-Laden in der Dr.-Kurt-Schumacher-Straße verkauft werden. Laut ver.di Mittelfranken, seit langer Zeit sehr aktiv gegen das Ladengeschäft, zieht der Laden zum 6. Januar 2011 aus.
"Damit will der Betreiber, die Bestmarke GmbH, es nicht mehr auf ein zweitinstanzliches Urteil vor dem OLG Nürnberg ankommen lassen. Sie hat einem entsprechenden Vergleich mit dem Vermieter, vertreten durch die Anwaltskanzlei Rüdiger Ramke, zugestimmt" (Presseerklärung ver.di). Bereits vor einigen Wochen war die juristische Luft für Thor-Steinar-Läden nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs dünner geworden (hier klicken).
Über die Schließung des Tønsberg-Ladens sind nicht nur die AktivistInnen von ver.di "hoch erfreut". Das juristische Vorgehen des Vermieters und der politische Druck verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen hätten nach zwei Jahren ein Zeichen gesetzt: "Mit Szenekleidung von Nazis ist in Nürnberg auf Dauer kein Geschäft zu machen!", so Ulli Schneeweiß von der Gewerkschaft ver.di.
Die Aktivitäten gegen den Laden, z.B. die Flyerverteilungen am Dienstag, würden dennoch bis zur endgültigen Schließung weitergehen. Gewarnt wird zudem, dass eine Neueröffnung an anderer Stelle in Nürnberg nicht auszuschließen sei.
br online ("Umstrittener 'Tønsberg'-Laden schließt", 3.11.10): hier klicken, Süddeutsche Zeitung ("'Thor Steinar' muss ausziehen", 3.11.10): hier klicken, Nürnberger Nachrichten ("'Tønsberg' geht", 3.11.10): hier klicken
Ansbach: Neonazi-Szenebarde Frank Rennicke wegen Widerstands und Körperverletzung zu Geldstrafe verurteilt (November 2010)
Der im mittelfränkischen Altengreuth (Gemeinde Schillingsfürst) lebende Neonazi-Szenebarde und zweimalige Bundespräsidentenkandidat der NPD wurde vom Amtsgericht wegen Widerstand und Körperverletzung zu 50 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. Bei einer Verkehrskontrolle sei es zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Polizisten gekommen.
NPD-blog.info ("Der etwas andere Präsidentschaftskandidat", 1.11.10): hier klicken
Nürnberg, 23.10.10: Eklat bei Stadtteilforum Langwasser. Veranstaltungsleitung schließt bekannte Neonazis aus NPD / BIA und Kameradschaftsszene nicht aus der Versammlung aus. Werden Neonazis wieder offiziell "ignoriert"? (Oktober/November 2010)
Eigentlich sollte es eine Versammlung werden, in der deutlich Flagge gegen rassistische und neonazistische Aktivitäten im Stadtteil gezeigt werden sollte. In den letzten Monaten hatten sich Nürnberger Neonazis und deren politisches Umfeld immer mehr in die bereits mit rassistischen Versatzstücken versehenen Aktivitäten einiger AnwohnerInnen gegen den geplanten "Interkulturellen Garten" in Nürnberg-Langwasser eingemischt und im September eine "Mahnwache" vor dem Gemeinschaftshaus Langwasser durchgeführt (wir berichteten über die "Mahnwache" und antifaschistische Gegenproteste).
Als am Samstag der Nürnberger BIA-Aktivist Rainer Biller sowie ein bekannter Kameradschaftsaktivist im Stadtteilforum erschienen, zeigte sich die Versammlungsleitung bedenklich hilflos und ergriff keinerlei Initiativen, die ungebetenen Gäste wieder loszuwerden. Daraufhin verließ die ursprünglich vorgesehene Referentin die Veranstaltung. Einige Menschen mit Migrationshintergrund verließen ebenfalls unter Protest die Räumlichkeiten.
Es ist zu hoffen, dass sich hinter dieser Vorgehensweise der Versammlungsleitung "nur" Hilflosigkeit (z.B. Unkenntnis der entsprechenden §§ des Versammlungsgesetzes) und keine politische Strategie verbirgt. Letzteres wäre eine politische Katastrophe und hätte schärfste Kritik verdient.
Die Nürnberger Nachrichten ("Resolution gegen Rechte", 26.10.10, hier klicken) berichten nur über die sicher verdienstvolle, auf dem Treffen verabschiedete Resolution gegen neonazistische Umtriebe in Langwasser. Die Frage ist nur, ob sich ein solches Vorgehen nicht ad absurdum führt, wenn man gleichzeitig so tut, als wären die in der Versammlung sitzenden Neonazis aus Luft.
Mit großer Zeitverzögerung berichteten die Nürnberger Nachrichten ("Langwasseraner sitzen alle im gleichen Boot", 9.11.10, hier klicken) dann doch noch. Zu einem möglichen Rauswurf der Rechten wird geschrieben: "Von einem Ausschluss der Rechten von der Veranstaltung wurde nach – bereits im Vorfeld durchgeführter — eingehender juristischer und politischer Prüfung abgesehen." Wenn dieser Hinweis stimmt, dann handelt es sich bei der "Toleranz" gegenüber Neonazis doch um eine strategische Ausrichtung der Stadt Nürnberg. Die von AntifaschistInnen häufig und heftig kritisierte Linie des ehemaligen Rechtsreferenten Frommer, gegen Neonazis juristisch eher zurückhaltend zu agieren, wird offensichtlich fortgesetzt.
Mittlerweile haben die Grünen angekündigt, einen Antrag im Nürnberger Stadtrat zu stellen, der - kurz gefasst - einen generellen Einlassvorbehalt gegen Neonazis bei städtischen Veranstaltungen vorsieht sowie bei Bedarf die Umsetzung des Hausrechts fordert (hier klicken). Auf die Stellungnahmen der Parteien bzw. der Stadt darf mann / frau gespannt sein.
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